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Die Fahrt nach Lagos

Wie soll man das Gefühl beim Anblick von Eukalyptusbäumen beschreiben? Fünfzig Kilometer bis Lagos. Eine liebe Freundin wird zum Bahnhof gefahren, nach Lagos in Portugal. Wie soll man es beschreiben, wie Tränen aussehen? Eine holprige Asphaltpiste nach Lagos. Nach Lagos an der Algarve. Ein Bahnhof wie aus einem schaurig-schönen Traum. Ein Zug so alt wie ein fernes Jahrhundert. Eine Sonne wie jeden Tag und doch rotgelb im Abschied versinkend. Wie soll man es beschreiben? Der Atlantik kennt das Geheimnis des Kommens und Gehens. Doch wer hört ihm zu? Die Straße nach Lagos. „Take me to Portugal, take me to Spain, I have to see you again and again…“ Jim Morrison hätte es vielleicht beschreiben können. Der Zug fährt ab, die Hände lösen sich, die Tränen tropfen sinnlos auf den Bahnsteig. Die Straße zurück von Lagos. Allein. Wie soll man es beschreiben, wenn der Vollmond aufgeht über Aljezur? Ein Betrunkener lehnt am Stamm eines Eukalyptusbaums. So viele Kurven wie das Leben, abbremsen, beschleunigen, immer wieder. Eine Freundin fuhr weg, eine Freundin für eine Woche. Zurück nach Deutschland, die Verlängerung der Straße nach Lagos. Ihre Tränen, vielleicht irgendwann vergessen. Aber die Fahrt nach Lagos und zurück, so schwer das Herz, voller Gedanken und Gefühle. Ein Eselskarren mit Glöckchen, ein Wind wie ein salziger Geschmack, sie bleiben, sie bleiben für ewig. Wer kann es beschreiben? Auch nach meinem Tod die Straße nach Lagos. Eine Sonnenbrille, ein Sonnenbrand, eine Sonnenträne, die der Hitze trotzt. Die Fahrt nach Lagos. Nach Lagos in Portugal.


Anmerkung:
Diese Geschichte wurde 1990 geschrieben. Mittlerweile, im Jahr 2014, wurde die Straße nach Lagos an vielen Stellen begradigt. Die Autobahn hat es von Faro aber nur bis Lagos geschafft. Der alte Bahnhof ist abgerissen, doch die alte Bahn fährt noch immer an der Küste entlang. Eukalyptusbäume wachsen schnell, brauchen viel Wasser und werden manchmal in Brand gesteckt. Der Koala mag die europäischen Blätter nicht! Den Atlantik wird es ewig geben und wer hinhört, versteht auch das Leben. Eselskarren sind ausgestorben!

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