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Die Null

Es war einmal eine Null. Sie war auf einer Toilette gezeugt worden, weil ihre Eltern dem Schild „00“ gefolgt waren. Von klein auf litt sie unter schweren Depressionen, weil ihr alle unter die Nase rieben, dass eine Null überhaupt nichts wert ist. Bezeichnenderweise entwickelte sich daher bei ihr eine „Null Bock-Einstellung“. Es war ihr völlig egal, ob es Sommer oder Winter war, also die Temperatur über oder unter Null lag. Selbst im Mathematikunterricht war sie völlig wertlos, weil man mit ihr nicht mal rechnen konnte.

Als im Fernsehen verkündet wurde, die Regierung prognostiziere ein „Nullwachstum“, wurde die Null zum ersten Mal ein wenig stolz, denn das klang ja immerhin nach etwas. Auch die James Bond Filme erheiterten sie, denn „Null-Null-Sieben“ gab ihr doch einen gewissen Wert. So langsam häuften sich die Erfolgserlebnisse: im Flugzeug überquerte sie den Null-Meridian, lernte beim Skatspielen, dass ein Nullspiel ganze 23 Punkte zählt und die ganze Digitalisierung mit der 1 und der 0 auskommt. In der Liebe folgte sie dem Motto: „Einmal ist keinmal“. Vor einem Fußballspiel sagte der Trainer: „Die Null muss stehen“, und sie wollte schon von ihrem Sitzplatz aufstehen, bis sie endlich verstand.

So fand auch eine Null ihr Glück im Leben, wurde alt, und war in Nullkommanichts wieder von der Bildfläche verschwunden.


(mit Ideen von Jochen Severin)

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