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Finale

In der Kabine herrschte angespannte Nervosität. Der Trainer rannte ruhelos hin und her und redete eindringlich auf jeden einzelnen Spieler ein. Von draußen drangen die Geräusche aus dem brechend vollen Stadion. Der Manager verteilte diverse Pillen, die garantiert beim Dopingtest nicht auffallen würden. Endlich trippelten sie hinaus durch den Gang in die Katakomben der 100 000 Zuschauer fassenden Arena. Ein Blitzlichtgewitter empfing sie, tosender Beifall brandete auf, grelle Pfiffe schrillten durch die Dämmerung, Gesänge, ohrenbetäubend, wurden angestimmt. Der Anpfiff zum Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 2030 zwischen Latinexiko und Mitteleurasien stand unmittelbar bevor. 124 Minuten lang sollte das unschuldige, schon ganz schön ramponierte Grün des Rasens eine abgewandelte Form von Krieg mitbekommen, eingepackt in Ästhetik und Genialität von Spielzügen, ein Kreuzbandriss, eine Kreislaufschwäche des Schiedsrichters, fünf „Pferdeküsse“, eine geplatzte Augenbraue, aber auch ein perfekt verwandelter Elfmeter, mit dem linken Spann in die rechte obere Ecke geschlenzt. Alle vier Jahre wieder hielt die Welt den Atem an und bejubelte den neuen Weltmeister. Der Ball war rund.


Nachtrag:
Ursprünglich 1988 verfasst, jetzt kurz nach dem deutschen WM-Gewinn 2014 leicht umgeschrieben.

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